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16. September 2022

Sechs Monate Minister Polaschek – viele Fragen und keine Antworten

Der Beginn der Sommerferien im Osten Österreichs und eine Woche später in den westlichen und südlichen Bundesländern bringt weiterhin keine Planbarkeit für den Herbst und keine Alternativlösungen zu Masken und Testungen an Bildungseinrichtungen im Falle von weiterhin steigenden Coronazahlen. Gegenüber dem Vorschlag der Gewerkschaft, Klassenzimmer flächendeckend mit CO 2 Messgeräten auszustatten, zeigt sich Polaschek skeptisch.

Der Beginn der Sommerferien im Osten Österreichs und eine Woche später in den westlichen und südlichen Bundesländern bringt weiterhin keine Planbarkeit für den Herbst und keine Alternativlösungen zu Masken und Testungen an Bildungseinrichtungen im Falle von weiterhin steigenden Coronazahlen. Gegenüber dem Vorschlag der Gewerkschaft, Klassenzimmer flächendeckend mit CO 2 Messgeräten auszustatten, zeigt sich Polaschek skeptisch. Wie so viele andere Thematiken, auf die ihn Armin Wolf vergangenen Mittwoch in der ZIB 2 ansprach, formuliert er seinen Standardsatz „Das müssen wir uns anschauen.“ Man gewinnt den Eindruck, dass dieser hochbezahlte Minister trotz Beratern nach wie vor keinen Plan zum Thema Schulen und Bildung hat. Anlässlich der Herausforderungen unseres Schulsystems ein wahrer Skandal! Eine Ausschreibung für fünf verschiedene Anbieter von Tests sei initiiert worden, Maskenkontingente würden bereitgestellt – die Leier ist immer die gleiche! Luftfiltersysteme, die gegen Viren und Hitze helfen würden und seit zwei Jahren von der FPÖ gefordert werden dienen aus Prinzip nicht als Lösungsansatz. Wir haben dieses Thema mittlerweile zum x-ten Male angesprochen. Plexiglaswände in Kombination mit diesen Systemen würden Masken und Testen obsolet machen und hätten uns insgesamt Milliarden erspart, die in den Bildungsbereich hätten fließen können! Auf die Frage angesprochen, warum jeder sechste Volksschüler bereits Nachhilfe bräuchte und Armin Wolf die Ziffernnoten als Grund aufs Tapet bringt, fällt ihm ebenfalls nur ein, sich dies anschauen zu müssen. Eigentlich wäre die Antwort einfach. Es handelt sich einerseits um ein gesellschaftliches Problem, andererseits um die fehlgelenkte Politik der letzten 30 Jahre, die die Lehre als eine minderwertige Ausbildung definierte und sie zum letzten Ausweg für viele lernschwache Schüler machte. Warum Nachhilfe? Weil das Gymnasium in den Ballungsräumen Österreichs in Konkurrenz zur Mittelschule, obwohl sie als Langform definiert ist, steht und viele Mittelschulen in den größeren Städten aufgrund mangelnder Durchmischung in Bezug auf Fähigkeiten, Interessen, sprachlichen und sozialen Faktoren keine gezielten Förderungen der sehr diversen Gruppen  anbieten können. Sprachliche Probleme und unterschiedliche soziale und kulturelle Hintergründe bei den Schülern ohne Bereitstellung von ausreichenden Ressourcen in Form von Unterstützungspersonal führen letztlich zu Resignation bis hin zu psychischen Problemen unter den Lehrkräften. In Zeiten wachsenden Lehrermangels ein riesiges Problem! Um die zum Teil lernfeindlichen Rahmenbedingungen zu umgehen, scheint ein Gymnasium die Lösung zu sein. Um dort aufgenommen zu werden, benötigt man ein gutes Zeugnis, für das oft Nachhilfe nötig ist. In den Städten ist die Unterstufe des Gymnasiums bereits eine Gesamtschule – was den eigentlichen Zielsetzungen des Gymnasiums widerspricht.In vielen Elternhäusern findet frühkindliche Förderung und Erziehung nicht mehr statt – was zu großen Defiziten bei der Einschulung führt. Ein Beispiel ist die Feinmotorik, die sich massiv verschlechtert hat. Elementarpädagogen, die dies ausgleichen könnten, müssen große Gruppen betreuen, wodurch individuelle Förderungen vernachlässigt werden. Das heißt die Basis, die früher vom Elternhaus geschaffen wurde, fehlt vielen Kindern bei Schuleintritt. Und die öffentlichen Bildungseinrichtungen können das nur unzureichend kompensieren. Am Lehrerbild zu arbeiten ist definitiv zu wenig – auch zu dieser Äußerung Polascheks haben wir zuvor Stellung bezogen. Die Situation an Mittelschulen in den Ballungsräumen durch geänderte Zielsetzung (u.a. mit dem Fokus auf eine eventuelle zukünftige Lehrausbildung), attraktive Rahmenbedingungen, gezielte Ressourcen und Hilfestelllungen für Lehrkräfte und Kinder entscheidend zu verbessern, würde die Nachhilfenotwendigkeit bei Volksschülern deutlich reduzieren – zumal es ja viele Fördermöglichkeiten an den Schulen Corona-bedingt gibt. Aussagekräftige Kompetenzüberprüfungen in den letzten beiden Volksschuljahren als Eintrittsberechtigung für das Gymnasium, das auf eine akademische Ausbildung vorbereiten soll, müssen wieder angedacht werden. Auch um den Druck des „Notenschenkens“ von den Primarpädagogen zu nehmen. Und die Lehre muss attraktiviert werden, schon aufgrund des Facharbeitermangels. Es fehlen Lehrkräfte und kürzlich wurde von Kogler und Polaschek ein Quereinsteigermodell präsentiert. Durch eine Dienstrechtsnovelle soll Personen aus verwandten fachlichen Ausbildungen ein Umstieg an eine Schule ermöglichen werden. Grundsätzlich kann dies eine Bereicherung darstellen, denn privatwirtschaftliche Tätigkeiten von Lehrkräften inkludieren wertvolles Know-How. Die Bedingungen müssten aber ähnlich sein wie für Techniker zum Beispiel, die berufsbegleitend ein Bachelorstudium in Pädagogik absolvieren müssen – ansonsten gäbe es qualitative Einbußen.  Aber auch hier gilt – der Lehrermangel hat sich jahrzehntelang abgezeichnet – und diese Lösungen werden nun aus der Not heraus geboren – ungeplant und unkoordiniert und nicht erst seit Polascheks Amtsantritt. Er aber müsste nun konkrete Lösungen schnell anbieten – denn „Der Hut brennt!“ Seine mangelnde Agilität und geringe Lösungskompetenz im schulischen Kontext lassen jedoch keinen Optimismus aufkommen!

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