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24. Oktober 2023

ChatGPT im Unterricht – ein kritischer Blick

Es wird seit dem Digitalisierungsschub durch die Coronakrise zunehmend von Lehrern erwartet, als ständig erreichbare Serviceleister für Schüler und Eltern zu fungieren. Obwohl es in Zukunft notwendig sein wird, die Vorteile von menschlicher gegenüber künstlicher Intelligenz stärker herauszuarbeiten und u.a. Kreativität, Problemlösungskompetenz und Empathie zu schulen, könnten wir ChatGPT im schulischen Kontext durchaus positiv nutzen. Davon könnten sowohl Schüler als auch Lehrer profitieren, wenn der Rahmen definiert und begrenzt wird.

 

Es steht außer Zweifel, dass künstliche Intelligenz auch in den Klassenzimmern Einzug
gehalten hat. Den ersten entscheidenden Schritt hat uns die Coronakrise mit dem Zwang der
Online-Präsenz beschieden. Der Flexibilität eines Großteils der Lehrerschaft sei es gedankt,
mit Hilfe ihrer privat angeschafften Geräte jederzeit verfügbare Serviceleister für unsere
Schülerinnen und Schülern und deren Eltern zu werden. Ihrem Engagement ist es auch zu
verdanken, dass die Digitalisierung weiter um sich greifen kann, aber auch dass der
fächerübergreifende Einsatz von ChatGPT vom neugewählten Bundesschulsprecher Marius
Hladik - wie kürzlich passiert - scheinbar ohne Aufschrei verlangt werden kann.
Es ist zweifelsohne wichtig, dass man sich Gedanken darüber macht, wie man Lerninhalte
nachhaltiger und aktueller vermitteln kann, um den jungen Menschen das Rüstzeug in die
Hand geben zu können, welches sie brauchen werden, um sich auf dem zukünftigen
Arbeitsmarkt zurechtzufinden und mutige und fundierte Problemlösungen zu schaffen. Die
neuen Lehrpläne sind ein Versuch, diesen Anforderungen gerecht zu werden und das, was uns
Menschen gegenüber KI auszeichnet zu forcieren: das fächerübergreifende Training von
Kompetenzen wie Kreativität, Problemlösungskompetenz, gelungener Kommunikation und
Empathie-fähigkeit. Besonders letztere scheint durch die ständige Präsenz der digitalen Welt
mit ihren Netzwerken eine Rückwärtsbewegung erfahren zu haben. Man staunt über die
zunehmenden Auswüchse der Verrohung und Brutalität in unserer Gesellschaft, wo der
einzelne Mensch nicht mehr zu zählen scheint. D.h in Zukunft wird es essentiell sein, diese
Fähigkeiten, die die ganze Persönlichkeitsentwicklung umfassen, im schulischen Umfeld zu
trainieren – zumal viele Elternhäuser ihren Erziehungsauftrag nicht mehr zufriedenstellend
wahrnehmen können oder wollen.
Sollte man ChatGPT deshalb nicht nutzen?
Das würde ich nicht sagen, weil die Entwicklung in diesem Bereich nicht mehr zu stoppen ist
und man sich ihr stellen muss. Aber selbstverständlich erfordert der Einsatz von ChatGPT im
Unterricht Schulungen für Lehrkräfte und Schüler, um das Potenzial optimal nutzen zu
können und Vortäuschung von Eigenleistung zu limitieren. KI verfasst auf Anfrage sprachlich
exzellente Texte besonders in englischer Sprache und wird bereits unkritisch von vor allem
schlechten Schülern als Eigenleistung präsentiert. Dies ist natürlich im Moment noch sofort
evident und auch Textsorten und ihre Erfordernisse in den Sprachen können von KI derzeit
nicht bearbeitet werden. Höchstens separate Absätze, die man selbst noch auf Kohärenz und
Inhalt überprüfen und mit Verbindungselementen ergänzen muss, um einen wirklich guten,
den Beurteilungskriterien entsprechenden Text zu erhalten.

Die Verbesserung von Texten zu Übungszwecken in und außerhalb des Unterrichts würde
Schülern als brauchbares Werkzeug dienen, könnte aber auch Lehrer bei ihren
Korrekturtätigkeiten entlasten. Auch für Unterrichtsvorbereitung könnte ChatGPT eingesetzt
werden, da es inzwischen möglich ist, ganze Stundenbilder von KI erarbeiten zu lassen.
Wir müssen uns den Herausforderungen als Professionalisten stellen, durch kluge Planungen
den Einsatz festlegen und Prozesse leiten. Dann kann KI durchaus helfen, brauchbare
Ergebnisse im schulischen Kontext zu erzielen und den Arbeitsaufwand der Lehrer zu
reduzieren.

OstR Mag. Dr. Regine Stangl

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